Gunnar Decker: Hesse

13 Juli 2025

Das Leben des Nobelpreisträgers Hermann Hesse, erzählt von Gunnar Decker, erschienen im Hanser Verlag 2012. 

Gunnar Decker hat 2012 eine Biografie zu Hermann Hesse verfasst, die ich aus dem Nachlass der Eltern übernommen habe und jetzt, Jahre später, gelesen habe. Ich bin kein Fan von Hesses Werken, dachte ich zumindest. In den letzten beiden Jahren habe ich aber den „Narziss und Goldmund“ und den [[Siddhartha]] gelesen und war beeindruckt. 

Umso mehr hat mich das Leben dieses überaus schwierigen und eigenwilligen Menschen fasziniert. Decker gelingt es, den Menschen und seine „Verkrümmungen“ in den Werken nachzuzeichnen, alles wird eins und das ist sehr erhellend. Hesses vergeblicher Wunsch nach Anerkennung durch die Mutter, das Aufwachsen im pietistischen Haushalt in Calw, seine frühen Erfahrungen außerhalb der Familie, in Basel, Maulbronn, in Cannstatt und auch in Stetten, wohin er als ’schwieriger‘ Junge „abgeschoben“ wird, prägen ihn. Beeindruckend ist Hesses frühes Überzeugtsein von seiner Berufung als Dichter, die er niemals anderen Erfordernissen unterordnet. Darunter leiden später seine Kinder und seine Frauen sehr. 

Dieser unverkennbare Strohhutträger ist keineswegs ein kommunetauglicher Gemütsmensch; den unbeschwerten „Wandervogel“ muss man woanders suchen. Dies hier ist ein notorisch reizbarer Einzelgänger, der andere Menschen – sogar die eigenen Ehefrauen – immer nur in gehöriger Distanz zu ertragen vermag.

Faszinierend auch die gesellschaftliche Rolle von Hermann Hesse, der nie Teil einer Bewegung sein wollte, nicht mal Mitglied der Preußischen Dichterakademie, obwohl Thomas Mann ihn sehr drängte. Dieser Hesse stellt sich gegen die nationalistischen Töne seiner Kollegen mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs, er wendet sich in den 1930er Jahren gegen die Nationalsozialisten, die ihn gern vereinnahmen wollen. Da zugleich seine Werke in Deutschland weiterhin erscheinen dürfen, wenden sich Nazis und Emigranten gleichermaßen gegen den Schwaben, der schon lange in der Schweiz lebt. Das „Glasperlenspiel“, sein Alterswerk, durfte dann in Nazi-Deutschland nicht mehr erscheinen. 

Der Nachlass von Hesse liegt im Deutschen Literaturarchiv Marbach, Ninon Hesse setzte sich damit gegen den Wunsch der Söhne von Hesse durch. In der SWR Landesschau findet sich ein Bericht von der Übergabe eines Teils seines Nachlasses vom Februar 1965. 

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